Meine Burnout Diagnose liegt mittlerweile fast drei Jahre zurück. Die Therapie, die ich seitdem mache, hat mir durch die schlimmste Zeit geholfen und hilft mir heute noch sehr. 

Doch immer wieder habe ich Rückfälle. Rückfälle der Arbeitssucht, die mich ausbrennen ließ, bis nichts mehr ging außer Lethargie. Die Arbeitssucht, die so viele Jahre eine Konstante in meinem Leben ist. Die Arbeitssucht, die mir Sicherheit gibt, wenn sich alles andere unsicher anfühlt. Das Problem ist, diese Rückfälle kommen nicht von heute auf morgen, sondern schleichend. Es fühlt sich anfangs gut an, denn ich schaffe viel und ich habe Erfolgserlebnisse. Das meiste von dem macht mir Spaß. Ich will all das machen. Manches muss ich machen, wenn die Existenzangst überhand nimmt. Alles in allem liebe ich die Abwechslung meiner Jobs und den kreativen Spielraum, den ich habe. In der Therapie habe ich gelernt, der Körper kann nicht zwischen positivem und negativem Stress unterscheiden. Wenn man konstant unter Strom steht, dann brennt man aus. Während ich also bei meiner Therapeutin sitze und ihr sage „Die kommenden drei Wochen ist viel los, aber das ist dann wieder vorbei.“ vergehen Wochen, manchmal sogar ein Monat. Sie versteht das. Es gibt mal stressige und mal entspannte Phasen. Soweit so gesund. Doch aus den drei Wochen werden manchmal drei Monate, in denen sie mich immer wieder darauf aufmerksam macht „Die Phase dauert jetzt länger als sie behauptet haben. Warum?“ und ich liefere ihr Erklärungen. Bis zu dem einen Tag an dem sie mich unterbricht und mit mir über Sucht spricht. Sie weiß, dass ich mich in der Theorie viel mit dem Thema beschäftige, deshalb baut sie auf diesem Wissen auf. All meine Rechtfertigungen, warum ich so lange so viel arbeiten „muss“ und vieles andere deshalb auf der Strecke bleibt, sind die Ausreden eines Süchtigen. Doch so lange ich konstant arbeite, vermeide ich Gefühle und versuche manchmal eine depressive Episode zu umgehen. Auch wenn ich weiß, dass ich es so nur hinauszögere und schlimmer mache. Denn lange Zeit schaffe ich meine Arbeit gut und problemlos, nur alles andere bleibt irgendwann auf der Strecke. Das Aushalten des Gefühls wäre schneller vorbei als die Workaholic-Phase. Gleichzeitig will ich die guten, produktiven Phasen auskosten so gut es geht, denn ich weiß, wie schlecht es sich anfühlte als nichts von all dem ging. 

Ich glaube, ich bin in den letzten zwei Jahren jeweils einmal pro Jahr in die Nähe eines zweiten Burnouts gekommen und habe die Warnzeichen wie Tinnitus, Migräne und die Emotionslosigkeit gekonnt ignoriert. Aber das ist okay. Heilung ist nicht linear, sondern passiert in Wellen. Wie soll ich einen 30 Jahren erlernten Skill innerhalb von drei Jahren verlernen? Ich weiß, was gute Routinen sind und halte sie oft ein. Ich mache mir weniger Vorwürfe und ich feiere meine kleinen Erfolge auch mal etwas, anstatt einfach weiterzumachen. Das merken auch die Menschen in meinem Umfeld. Sie meinen, ich wirke viel ruhiger und strahle etwas positives aus. Ich lerne auch zu kommunizieren, wenn ich mich nicht gut fühle. Ich achte darauf genug zu schlafen. Außerdem schaffe ich es immer besser ruhige Tage auszuhalten und mir bewusst zu nehmen. 

Der Burnout-Heilungsprozess ist nichts was innerhalb von ein paar Wochen oder Monaten passiert. Es dauert Jahre. Allein dieses Wissen nimmt den Druck aus der ganzen Sachen. Passt auf euch auf, ihr müsst weniger als ihr denkt.

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